Verlogenheit und Krokodilstränen
„Dann fragte Frau Stahl die Botschafterin: „Wir haben gehört, dass eine halbe Million Kinder gestorben sind. Ich meine, das sind mehr Kinder, als in Hiroshima starben. Und – und, wissen Sie, ist der Preis es wert?“ Madeleine Albright antwortete wörtlich: „Ich denke, das ist eine sehr schwierige Entscheidung, aber der Preis – wir denken, der Preis ist es wert.“
Halten Sie hier bitte einen Moment inne. Dann stellen Sie sich vor, heute tauchte ein hochrangiger russischer Diplomat in der Talkshow eines namhaften russischen Senders auf und erklärte en passant, 500.000 ukrainische Kinder „seien den Preis“ der „Sonderoperationen“ seines Landes gegen das Nachbarland wert – nicht auszudenken, welchen medialen Amoklauf ein solches Statement im „Westen“ provozieren würde!“
Zitat aus einem Beitrag auf den NachDenkSeiten unter den Gesichtspunkten „Randnotizen zu Doppelmoral, Heuchelei, Sprachverluderung und zum Schwinden einer Diskussionskultur in Zeiten coronaler Kriegsstimmung“ – einfach lesenswert! Und das nicht nur in sprachlicher Hinsicht – der Literaturkritiker Reich-Ranicki hätte seine Freude daran!
„Daher rührt auch Noam Chomskys berühmter Ausspruch, dass – hätte man die Nürnberger Gesetze weiterhin fair und konsequent angewandt – jeder US-Präsident nach dem Zweiten Weltkrieg gehängt worden wäre.“
Lest diesen Satz oben zwei Mal und überlegt bitte, wie der Mann (und er ist kein unbedeutender Mensch, sondern einer der weltweit bekanntesten Intellektuellen der letzten Jahrzehnte) zu dieser Aussage kommen konnte! Hilfreich sind eventuell an einer Faktenanalyse Interessierten die Ausführungen der australischen Journalistin Caitlin Johnstone zur Problematik „Das Völkerrecht ist ein bedeutungsloses Konzept, wenn es nur für US-Gegner gilt“ Die Übersetzung ihres Artikels finden Interessierte unter diesem Link. Ist eigentlich alles bekannt – aber wird von unseren Qualitätsjournalisten halt gemieden!
In dem zweiten Teil der „Randnotizen zu Doppelmoral, Heuchelei, Sprachverluderung und zum Schwinden einer Diskussionskultur in Zeiten coronaler Kriegsstimmung“ möchte ich aus dem Wust an Informationen nur diese unten folgenden zwei Zitate hervorheben:
„Der einzig angemessene Aufenthaltsort für so jemanden (wie Putin – RW) ist der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag. Dort könnte er sich mit amerikanischen Präsidenten (z. B. Bush Vater und Sohn, Clinton, Obama) zum Spaziergang im Gefängnishof treffen. Denn auch sie haben das Völkerrecht mit Füßen getreten. Dieses elitäre Treffen bleibt jedoch bis auf Weiteres ein Wunschtraum. Eine Strafverfolgung dieser Kriegsverbrecher ist derzeit nicht möglich. Weder Russland noch die USA (und auch nicht die Ukraine!) haben bisher den Vertrag über den Internationalen Strafgerichtshof ratifiziert – und sie wissen warum. All die Schelme, die nach jahrelangem peinlichen Schweigen plötzlich so laut nach dem Völkerrecht rufen, mögen sich dafür einsetzen, dass die genannten Staaten das ‚Rom-Statut‘ unterzeichnen!“
Das zweite Zitat fand ich sprachlich besonders eindrucksvoll:
„Wir Nachgeborenen wissen spätestens seit dem 9. März – nicht lang‘ ist’s her – dass des „Teufels“ Werk darin besteht, von der höchstdotierten pfäffischen Silberlocke der Nation, Pastor Joachim Gauck, folgenden Quälvers ungebeten vor den Latz geknallt bekommen zu haben:
„Wir können auch einmal frieren für die Freiheit. Und wir können auch einmal ein paar Jahre ertragen, dass wir weniger an Lebensglück und Lebensfreude haben.“
Selbständig denken ? Nö! Wir sind folgsam und tun das, was uns „Vater Staat“ mit „unserer“ Regierung vorschreibt: Dulden! Und Schuld immer nur bei anderen suchen!
Ich werde beständig in der Öffentlichkeit an Diederich Heßling aus dem „Untertan“ von Heinrich Mann erinnert. Mir wird immer mehr verständlich, warum er nicht mehr zur Pflichtliteratur an bundesdeutschen Schulen gehört!