Ergänzung zum Beitrag vom 23. juli
Aber diese selbstherrliche „Weiterentwicklungs“politik des Völkerrechts seitens des Westens ist ein Produkt der westlichen Hybris in der nun vergangenen „Pax Americana“, der unipolaren Weltordnung.
In der sich anbahnenden neuen Weltordnung mit neuen Großmächten rächt sich diese auf kurzfristige Gewinne von Einflusssphären angelegte Politik des Westens. Denn Russland hat den westlichen Präzedenzfall Jugoslawien aufgenommen und ebenso für seine machtpolitischen Interessen mit geübt. Ein Verzicht Russlands auf die Nutzung der Präzedenzfälle wäre nicht nur realpolitisch naiv, es bedeutete auch eine völkergewohnheitsrechtliche Akzeptanz der Asymmetrierung von völkerrechtlichen Rechten und Pflichten zwischen den Staaten.
Angesichts dessen sind die völkerrechtlichen Klagen des Westens wegen der Krim und der „Volksrepubliken“ unter dem Aspekt ihrer durch sie selbst vorangetriebenen „Weiterentwicklung“ des Völkerrechts mehr als fragwürdig.
Ein kurzer Auszug aus einem lesenswerten Artikel zum Völkerrecht (unten geht’s weiter) – mir gefällt vor allem die Möglichkeit, unter dem hier in diesem Artikel dargestellten Aspekt die Gedanken aus dem Tagebuch vom 23. zu betrachten! Tja – selbst denken gibt manchmal überraschende Einsichten – auch für mich! —> hier der Link zum kompletten Artikel
Die Motive für einen Rechtsbruch mögen niederträchtig oder edel sein, es ist stets eine subjektive Bewertung. Aber ein Rechtssystem, zumal eines mit rechtsstaatlichem Anspruch, was auch die UNO-Charta sein soll, kann das nicht akzeptieren, ohne sich damit überflüssig zu machen.
Kurzum, sämtliche Versuche, das umfassende Gewaltverbot durch angeblich edle Motive zu durchlöchern, basieren auf tatsächlich machtpolitischen Interessen ihrer Protagonisten und gehören ausnahmslos zurückgewiesen.
Das Fazit in dem Artikel von Alexander Neu ist in meinen Augen bedenkenswert und für die Beurteilung der rechtlichen Aspekte eines Krieges nicht ohne!
Dadurch, dass wir keine völkerrechtlichen Doppelstandards akzeptieren, soll heißen, jeden Angriffskrieg als das benennen, was er ist, nämlich ein Rechtsbruch, haben wir ein sehr starkes Argument an der Hand.
Es ist immer wieder aufschlussreich, wie Politik und Medien sich winden und ausweichen, wenn man sie auf westliche Rechtsbrüche hinweist, respektive von diesen fordert, die Rechtsbrüche auch zu klassifizieren. Die sichtlich angestrengten rhetorische Pirouetten, die die Bundesregierungen und die sie tragenden Fraktionen hinsichtlich des US-Irak-Krieges oder der türkischen Invasion in Syrien vollziehen, sind, wäre es nicht so traurig, von hohem Unterhaltungswert. Und die widerwärtigste Reaktion ist die des Vorwurfs des „Whataboutism“ – eine beliebte, wenngleich auch leicht durchschaubare Taktik.
Und ja, es liegt in der Natur des Menschen, die gleichen Handlungen von Dritten angesichts der unterschiedlichen Verteilung von Sympathie und Antipathie auch unterschiedlich zu bewerten. Diese jeweils eigene menschliche Schwäche muss erkannt und soweit wie möglich bei der Beurteilung von Handlungen zurückgedrängt werden. Nur dann sind wir glaubwürdig.
…. und ich komme immer wieder zu dem gleichen Schluß: Selber denken macht wissend!